Hwang-Long Pan, „East and West VIII“ (2014)
Klaus Ager, „7 Wege in H.“ (2018)
Michael Mautner, „39,4 für Violine und Klavier“ (1990)
Chao-Ming Tung, „Die Sonne im Sturm“ (2020)
Hui-Kuan Lin, Pipa
Mei-Ling Chien, Piano
HanLin Liang, Violine
Chih-Hui Chang, Violoncello
Yanting Chen, Percussion
Chung Hsien Wu, Chinese Flute
Lung-Yi Huang, Sheng
Jing-Mu Kuo, Guzheng
Tai-Chi Chen, Dirigent
Chao-Ming Tung, Künstlerischer Leiter
Hwang-Long Pan, geboren 1945, ist einer der bedeutendsten Komponisten Taiwans. Er war unter anderem Schüler von Helmut Lachenmann in Hannover und von Isang Yun in Berlin, ehe er selbst Lehrer an der Musikuniversität von Taipei wurde. Pan beschäftigt sich ebenso intensiv mit der neuen westlichen Musik wie mit der chinesischen und taiwanesischen Tradition; seine Werke offenbaren vielfältige Formen interkulturellen Komponierens. Insgesamt kennzeichnet Pans künstlerische Entwicklung eine zunehmende Integration von chinesischer Folklore und Kultur. Darin manifestiert sich ein wachsendes Bewusstsein für die Überlieferungen seiner Heimat, auch dann, wenn er Streichquartette oder Klavierstücke komponiert. Pan schreibt gerne in Serien wie „East and West“ – schon als Titel ein Programm. Das achte Stück dieser Reihe ist für chinesische Instrumente bestimmt.
Klaus Ager, Gründer und langjähriger Leiter des Aspekte Festivals, ist als Komponist, Organisator und Verleger der „Neuen Musik“ sowie als Kompositionslehrer eine Salzburger Institution mit internationalem Erfolg. Er schrieb sein op. 106, „Sieben Wege in H“, für die C-Camerata Taipei, die es ebendort 2018 zur Uraufführung brachte. Ager dazu: „Dieses Ensemble verfügt sowohl über europäische wie auch über chinesische Instrumente. Ich fand die Aufgabe, für diese Besetzung zu schreiben, reizvoll, aber doch schwierig, da man als europäischer Komponist naturgemäß weniger Erfahrung im Umgang mit traditionellen chinesischen Instrumenten hat. Das Stück für Violoncello solo und Ensemble (Dizi, Sheng, Guzheng, Pipa, Schlagwerk, Violine und Klavier) besteht aus 7 Teilen, einer Introduktion und einer abschließenden Coda. Die 7 Teile, vier Solo-Gesänge für das Cello und drei verbindende Tutti-Teile, sind verschiedene Wege in Hellbrunn: die Allee, die Wege im Park, die 3 Teiche, die Wasserspiele und der Weg zum Steinheater.“ Mit den Teichen nimmt das Werk direkten Bezug auf den großen Salzburger Lyriker Georg Trakl und seine berühmten Gedichte „Die drei Teiche in Hellbrunn“. Nr. 1: „Gleiten Masken auf brauner Flut, / kleine Hände, verstorben und weiß, / und wärmen sich an der Verwesung Glut / die Birken zittern leise fort und tauchen tiefer …“ Nr. 2: „Ferne dämmern Schloss und Hügel. / Stimmen von Frauen schweben zärtlich und dunkelfarben … / über dem weißen nymphischen Spiegel / Eine Drossel scherzt mit ihnen.“ Nr. 3: „Die Wasser schimmern grünlichblau / und ruhig atmen die Zypressen / und ihre Schwermut unermessen / fließt über in das Abendblau… / Verfall durchrieselt das Gemäuer / der Mond hüllt sich in grüne Schleier / und wandelt langsam auf der Flut.“
Das Stück ist eine „sehr persönliche Auseinandersetzung“ mit Agers „Kindheitserfahrungen in der Sommerresidenz der Salzburger Fürsterzbischöfe. Als 7-jähriges Kind übersiedelte ich mit meiner Familie nach Hellbrunn, so dass ich in unmittelbarer Nähe des Parks aufwuchs. Hellbrunn in den frühen 50er Jahren bot ein ganz anderes Bild als heute. Es war ein großer verlassener Park mit verfallenden Gebäuden, wundersamen Teichen, in denen sich die Umgebung und der Himmel spiegelte, in denen sich alles mögliche bewegte, und das alles im Schatten des kleinen Hellbrunner Bergs, an dessen südlichem Abhang sich das Steintheater befindet, wo Anfang des 17. Jahrhunderts der Legende nach eine Aufführung des Orfeo von Claudio Monteverdi stattfand. Für uns Kinder war das Theater natürlich ein Ort des Spiels, wie man ihn sich nur wünschen konnte. Schönheit und Vergänglichkeit waren und sind dortallgegenwärtig. Musikalisch ist das ganze Werk auf 7 Noten einer Kadenz in Es-Dur, die hauptsächlich im Klavier hörbar ist, aufgebaut. Es-Dur ist bekanntlich die Tonart der ‚Liebe und des trauten Gesprächs mit Gott’ (Schubart, 18. Jhdt.), aber es ist auch die Tonart von Wagners ‚Rheingold’ und damit eine Darstellung des Wassers. Und Wasser ist in Hellbrunn allgegenwärtig – die Teiche, die Wasserspiele. Letztlich sollte durch die einzelnen Stufen der Kadenz und ihrer Obertöne auch die Verwendung der für uns fremden Instrumente, deren Stimmung nicht ganz mit der unseren kompatibel ist, einen harmonisch durchaus spannenden Effekt erzielen. Ähnlich – in ganz anderer Hinsicht – wie für uns heute Wege in Hellbrunn vor mehr als 50 Jahren zwar nur mehr schwer vorstellbar, aber doch auch immer noch gegenwärtig sind und deshalb spannend wie alte Fotographien oder Filme.“
Der vielseitige Salzburger Komponist, Bühnenmusiker, Kompositionslehrer und „Wahlwiener“ Michael Mautner schreibt über seinen Stil: „Ich vermeide weder tonalen Wohlklang noch scheue ich dissonante Schärfe. Es ist mir wichtig Musik dramaturgisch wie inhaltlich so zu gestalten, dass sie keiner umständlichen Erläuterungen bedarf und bei aller Komplexität und Kompromisslosigkeit unmittelbar zugänglich bleibt, ohne aber auf den Anspruch, neue Räume und Inhalte zu erforschen, zu verzichten. Ich erfinde neue Musik; ich erfinde nicht die Musik neu.“ Sein Stück für Violine und Klavier 39,4 entstand in drei Fassungen von 1986 bis 1990. Der Titel gibt keine Rätsel mehr auf, wenn man weiß, dass es dabei um einen hoch expressiven „musikalischen Fiebertraum“ geht.
Chao-Ming Tung, geboren 1969 in Taiwan, ist Komponist und Zheng-Spieler. Er begann seine Kompositionsstudien in seiner Heimatstadt Taipei. Die Kernzeit seines Studiums von 1990-97 verbrachte er an der Hochschule für Musik in Köln, wo Johannes Fritsch und Mauricio Kagel seine Lehrer waren. Mit Auszeichnung schloss Tung 1999 das Studium bei Nicolaus A. Huber in Essen ab. Neben seiner Haupttätigkeit als Komponist arbeitet er aktiv mit Tänzern und Malern zusammen und sucht intensiv nach neuen Ausdrucksformen für sein Klangideal. Multimedia, Performance, Tanztheater, Operette, Klanginstallation, interdisziplinäre Darstellung und elektronische Musik gehören zu den Bereichen seiner Arbeit. Seine Kompositionen wurden bei vielen internationalen Musikfestivals aufgeführt wie MaerzMusik Berlin, Festival of Contemporary Music Huddersfield England, Musikbiennale in Zagreb, musica viva München, Soundfield Festival Chicago. In vielen seiner Performances wird eine Interaktion zwischen den auditiven und den visuellen Künsten thematisiert. In dem Stück „Die Sonne im Sturm“ sammelte Tung die Daten der wichtigen Freiheitsbewegungen, die zwischen 2019 und 2020 stattfand, und transformierte sie in verschiedenen rhythmischen Motive, um die Charakteristik des Kampfs musikalisch darzustellen. Die Tonhöhen von drei politisch unterschiedlichen Liedern werden melodisch oder harmonisch erneut ineinander verwoben. Das Stück endet in einer lautlosen Klangbewegung, die in die Zukunft weiterfließen soll.
Die C-Camerata Taipei nimmt das Publikum mit auf eine Klangreise durch östliche und westliche Kolorite, die den Horizont des Hörerlebnisses auf spannende Weise erweitert. 2012 wurde das Ensemble als Klaviertrio gegründet. 2014 erweiterte es sich zu einer gemischten Besetzung von chinesischen und westlichen Instrumenten, die aus Pipa, Guzheng, Bambus Flöte, Sheng, Schlagzeug, Geige, Cello und Klavier bestehen. Künstlerischer Leiter des Ensembles ist Chao-Ming Tung. Über die Synthese von östlichen und westlichen Musiksprachen entwickelte das Ensemble eine spezifische Expressivität und eine eigene Ästhetik. Stilistische Grenzen werden aufgehoben, die musikalischen Elemente verbinden sich zu einer neuen Klangwelt, die Ost und West auf die natürlichste Art verbindet: durch Musik und ihre Empfindung.
In Kooperation mit der Salzburger Gesellschaft für Musik
Mit freundlicher Unterstützung von National Culture und Art Foundation Taiwan